Nationalrat Hans Fehr Bundeshaus in Bern
Home Portrait Schwerpunkte Aktuell Agenda Meine Frage Kontakt Archiv
 
 
 
 
    Nationalrat - Hans Fehr
Aufruf zum 1. August 2000
Der Klartext zum Bundesfeiertag
Artikel, 22. Juli 2000


Nach 709 Jahren Eidgenossenschaft befindet sich unser Land im internationalen Vergleich in einem beneidenswerten Zustand. Die Schweiz zeichnet sich aus durch ein hohes Mass an Sicherheit, an Volkswohlstand, an weltweit einzigartigen Volks- und Freiheitsrechten. Wir haben praktisch keine Arbeitslosigkeit, ein hohes Lohnniveau und einen hohen Standard an sozialer Sicherheit. Bei allen internationalen Untersuchungen über die Wohlfahrt, die wirtschaftliche Leistungskraft und über die persönlichen und politischen Freiheitsrechte befindet sich die Schweiz europa- und weltweit in der Spitzengruppe. Wir haben gerade am Bundesfeiertag allen Grund, für den insgesamt guten Zustand unseres Landes dankbar zu sein.

Ausgerechnet die Fundamente für unsere gute Situation: die Unabhängigkeit, die Selbstbestimmung, die immerwährende, bewaffnete Neutralität, der Föderalismus, unsere ausgeprägten Volks- und Freiheitsrechte - also die Staatssäulen und Besonderheiten unserer Eidgenossenschaft - werden heute in Frage gestellt. Der Bundesrat, die Mehrheit des Parlaments und der Parteien, ein Grossteil der Medien, sogenannte Kulturschaffende und verwandte Kreise sind der schweizerischen Heimat, der scheinbaren Enge des neutralen Kleinstaates, der sich jeglicher Machtpolitik enthält, offenbar müde und überdrüssig geworden.

Sie verachten die politischen Besonderheiten unseres Landes und träumen von internationalen Grossgebilden. Sie möchten auch "dabei sein" an vermeintlich glanzvollen Konferenzen und auf internationalen Schauplätzen, wo angeblich Geschichte und Zukunft geschrieben wird. Ihr höchstes Ziel ist es, die "eigenbrötlerische, unsolidarische, hinterwäldlerische" Schweiz endlich zu neuen "Visionen" zu führen und sie einzubinden in die Grossgebilde der UNO, der EU und der NATO.

Die integrationsbegeisterten Kreise haben den Sonderfall Schweiz und das Wesen der schweizerischen Neutralität nicht begriffen, oder sie wollen es nicht begreifen.

Mit einer geballten Ladung von Abstimmungsvorlagen will man unsere Staatssäulen schwächen und schliesslich niederreissen. Weil man in Bundesbern aber weiss, dass ein EU-Beitritt im Volk derzeit keine Chancen hat, geht man etappenweise vor:

  • Zunächst soll die Schweiz mit der vorgezogenen Teilrevision des Militärgesetzes und durch die militärische Kooperation in NATO-Strukturen eingebunden werden. Durch Einsätze von Schweizer Soldaten in ausländischen Konflikt- und Kampfgebieten und durch ausländische Soldaten, die das Kriegshandwerk auch in der Schweiz üben, soll die Schweizer Armee in verfassungs- und neutralitätswidriger Weise NATO-unterstellungsfähig und NATO-unterstellungswillig gemacht werden. Man verkennt, dass die Schweiz damit ihr bewährtes und nach wie vor hochmodernes Erfolgsinstrument der immerwährenden, bewaffneten Neutralität preisgibt und eine 200-jährige Friedenstradition über Bord wirft.
    Wir würden in fremde Konflikte hineingezogen und zur Konfliktpartei gestempelt. Das heisst für unser Land: weniger Sicherheit! Unser aussenpolitisches Konzept auf dem Boden strikter, glaubwürdiger Neutralität muss doch vernünftigerweise heissen: "Kriegsabenteuer nein - humanitäre Hilfe ja!"

  • Schon im Jahr 2002 werden Volk und Stände über den Beitritt unseres Landes zur politischen UNO abzustimmen haben. Auch diese Vorlage ist Teil der verfassungs und neutralitätswidrigen Aussenpolitik des Bundesrates. Soll die Schweiz zum Werkzeug der Macht- und Interessenpolitik des UNO-Sicherheitsrates degradiert werden? Es braucht in Europa und weltweit wenigstens ein glaubwürdig neutrales Land, das sich strikte aus internationalen Konflikten und Machtspielen heraushält, seine Friedensdipomatie anbietet und unparteiisch humanitäre Hilfe leistet, wo Not herrscht.

  • Um die Schweiz schrittweise in die ihr wesensfremde Europäische Union einzubinden, schreckt man in Bundesbern auch vor einem eigentlichen Betrug am Volk nicht zurück: Kaum hatte das Volk den bilateralen Verträgen mit der EU am 21.5. 2000 zugestimmt, wurde dies als Bekenntnis zum EU-Beitritt umgedeutet. Der Aussenminister sprach beim EU-Beitritt von einem "in Arbeit befindlichen Projekt" und die SP-Bundesrätin forderte eine rasche Aktivierung des EU- Beitrittsgesuchs. Um die Initianten der Volksinitiative "Ja zu Europa", welche unverzüglich Beitrittsverhandlungen mit der EU verlangt, zum Rückzug dieser aussichtslosen Initiative zu bewegen, wollen Linke und auch auch sogenannt bürgerliche Kreise im Parlament einen Gegenvorschlag durchbringen, der in die gleiche Richtung geht. Damit will man das "unbequeme" Volk ausschalten.

Die zentrale Frage - auch mit Blick auf den 1. August 2000 - lautet: Soll die Schweiz ihre Angelegenheiten weiterhin selbst bestimmen in Freiheit und Unabhängigkeit, oder wollen wir uns in fremde Grossmachtgebilde einbinden und unsere Staatssäulen ganz oder teilweise preisgeben?

Der Boykott Österreichs durch die 14 EU-Regierungen wegen dessen demokratischer Regierungsbildung müsste eigentlich Klarheit geschaffen haben. Und ebenso müsste die "EU-Vision" des deutschen Aussenministers Joschka Fischer sämtlichen Schweizern die Augen öffnen: Fischers Vision einer europäischen Föderation mit einem Zweikammersystem, einer Verfassung und einem direkt gewählten EU-Präsidenten, die er als "Leuchtfeuer in der Dunkelheit" angepriesen hat, wäre für uns Schweizer wohl weniger ein Leuchtfeuer als vielmehr das Ende unserer Unabhängigkeit, und damit das Ende der souveränen und neutralen Schweiz.
Alle freiheitsliebenden Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben eine grosse und wichtige Aufgabe: Sie haben in nächster Zeit mehrfach den Tatbeweis anzutreten, dass es ihnen ernst ist mit der Wahrung unserer Unabhängigkeit und Neutralität.

In Anbetracht der Arglist unserer Zeit - nach 709 Jahren Eidgenossenschaft - soll der Bundesbrief von 1291 Richtschnur unseres Handelns sein. Er ist auch heute hochaktuell: Wir dulden in unserem Land keine fremden Herrscher und keine fremden Richter. Unser Land soll frei, unabhängig, neutral und weltoffen bleiben!



Hans Fehr, Geschäftsführer AUNS, Eglisau


[ zurück ]     [ drucken ]

 
powered by BfK