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    Nationalrat - Hans Fehr

Italien übersteht jede Regierung. Und die Schweiz?

Artikel/Stimmungsbild, 18. Oktober 2011


Roma, Istituto Svizzero, 3. Oktober 2011. Nach einem ausgedehnten Apertitivo im wunderschönen Istituto Svizzero (Schweizer Institut, dient dem kulturellen Austausch und der Pflege der heimatlichen Beziehungen der rund 6‘000 Auslandschweizer in Rom) folgt eine langatmige Debatte zwischen  Vertretern der grossen Schweizer Parteien als Wahlhilfe für die Auslandschweizer. Fulvio Pelli, FDP, Filippo Lombardi, CVP, Carlo Sommaruga, SP, und ich, SVP, debattieren über aktuelle Politik, über die Schweiz und die EU, über die (von den andern schöngeredete) Massenzuwanderung, die Frankenstärke und die Euro-Schwäche, das Bankkundengeheimnis und den Einsatz der Parteien für das Wohlergehen der Auslandschweizer.

Vor allem Sommaruga und Lombardi reden so lange, als würde das Sprechen demnächst verboten. Immer wenn die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer dankbar aufatmen und annehmen, die Monologe seien nun zu Ende, holen die Vielredner Luft und bringen noch „un altro punto importante “ zur Sprache. Bei der Frage nach dem Einsatz der Parteien für die Auslandschweizer überbieten sich meine Kollegen mit Versprechungen. Ich sage lediglich: „Auch in Ihrem Interesse kämpfen wir für eine starke, unabhängige Schweiz, für solide Sozialwerke, für günstige Steuern, für eine kontrollierte Zuwanderung, für eine Schweiz, in der das Volk in allen wesentlichen Fragen das letzte Wort behält.“ Wichtig für die Auslandschweizer sind auch intakte Schweizer Schulen. Und eine ärgerliche Tatsache ist es für sie, dass sie wegen der Personenfreizügigkeit nicht mehr in die freiwillige AHV einzahlen können. Erst nach einem weiteren Aperitivo und einem hervorragenden, interessanten und lustigen Nachtessen (die verschiedenen „Gänge“ wollen nicht mehr aufhören) verabschiedet sich die Runde – echt römisch eben – zu sehr später Stunde.

Anderntags, nach 24 Stunden im wunderschönen historischen und modernen Rom – nach vielen Gesprächen und Eindrücken und einer ausgedehnten Stadtrundfahrt – festigt sich mein Eindruck: Regierung, wirtschaftliche Probleme, Streiks, Camorra und Mafia hin oder her: Italien und den stolzen Italienern geht es erstaunlich gut. Trotz der 51 mal gestellten Vertrauensfrage stellt der zugleich geliebte und gehasste Berlusconi die längste Regierung der Nachkriegszeit. Das italienische Wesen, die Italianità und was dazu gehört, übersteht offensichtlich jede Situation und jede Flaute. Man ist kreativ, schlau, erfinderisch. Man ist EU-, Einheitswährungs-, Schengen- und Dublin-Mitglied, nimmt es aber mit den Bestimmungen nicht allzu genau. Man jammert über Zehntausende Immigranten  aus Nordafrika – und schickt sie weiter nach Norden. Denn Italien sei schliesslich kein Einwanderungsland, so der zuständige Minister. Evviva l’Italia!

Wird auch die Schweiz ihre derzeitige Regierung, die vor ausländischem Druck immer wieder kapituliert, überstehen? Ja, sofern die Regierung, das Parlament und die grossen Parteien (aufgrund der Wahlen) in ihrer Mehrheit definitiv vom EU-Integrationskurs, von der Lobpreisung der Massenzuwanderung und der Personenfreizügigkeit, von sozialistischen Experimenten, von energiepolitischen Abenteuern und anderen Irrwegen abrücken. Ja, sofern sich der Bundesrat nicht von den Vorstellungen der scheidenden Bundespräsidentin Calmy-Rey leiten lässt, die am 11. Oktober 2011 beim Treffen mit dem Europäischen Parlament wörtlich die „Bereitschaft der Schweiz“ unterstrichen hat, sich „auch in Zukunft für ihre bilaterale Integrationspolitik einzusetzen, die auf einem ganzheitlichen und koordinierten Ansatz beruht“. (Diese völlig widersprüchliche Politik würde bedeuten, dass wir automatisch fremdes Recht und fremde Richter übernehmen müssten). Und ja – wir werden unsere Regierung überstehen – sofern unsere Volksrechte und Volksentscheide wieder respektiert statt sabotiert werden. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, steht es gut um die Zukunft unseres Landes. 



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