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Schwere Konsequenzen sind zu befürchten
EU-Beitritt: Für unsere Landwirtschaft nicht verkraftbar
Artikel, 3. Juni 1999


Der Integrationsbericht 1999 des Bundesrates ist zwar in weiten Teilen ein Propagandabericht für den EU-Beitritt der Schweiz. Selbst der Bundesrat spricht aber von "kaum verkraftbaren" (sprich ruinösen) Konsequenzen für die schweizerische Landwirtschaft. Dazu drängen sich folgende Feststellungen auf:

  1. Der Schweizer Bauer kennt die für ihn existentielle Forderung, dass er wettbewerbsfähiger werden und die Kosten massiv senken muss und dass er weitere Preiseinbussen in Kauf zu nehmen hat, längst bis zum Überdruss. Der Druck, unter dem die Schweizerische Landwirtschaft steht, ist schon bedingt durch die Agrarpolitik 2002 und durch die Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO. Die Zeiten, wo es hiess "produziert, wir sorgen für den Absatz" sind längst vorbei. Der Schweizer Bauer und jeder vernünftige Mensch weiss aber auch, dass unsere Landwirtschaft aufgrund ihrer besonderen Situation bezüglich Arbeits- und Produktionskosten, Klima und Topographie nicht in den Einheitstopf der GAP (gemeinsame Agrarpolitik der EU) geworfen werden darf. Der rasche Ruin zehntausender nicht mehr konkurrenzfähiger Landwirtschaftsbetriebe wäre unausweichlich.

  2. Bereits der vorgesehene bilaterale Vertrag im Bereich Landwirtschaft zwischen der Schweiz und der EU bringt schwere zusätzliche Belastungen für unsere Landwirtschaft. Die stufenweise gegenseitige Öffnung insbesondere beim Käsemarkt bis zur völligen Liberalisierung bringt der Schweiz zwar (auf dem Papier!) einen Absatzmarkt von 370 Mio Konsumenten, der allerdings noch "erobert" werden muss. Die Gegenseite wird mit längeren Spiessen und Billigprodukten operieren; die EU-Landwirtschaft ist nicht den hohen ökologischen, tierschützerischen und qualitativen Vorschriften unterworfen wie die schweizerische. Nachdem Gewerkschaften, Alpeninitianten, Linke und Grüne umfassende Schutzmassnahmen gegen die ursprünglich hochgejubelten Verträge beim Landverkehr und beim Personenverkehr fordern, wollen die gleichen Kreise der Landwirtschaft nicht einmal griffige Selbsthilfemassnahmen zugestehen.

  3. Vollends vom Regen in die Traufe käme die schweizerische Landwirtschaft bei einem EU-Beitritt. Das hat auch der Bundesrat eingestanden. Der Entwurf zum Integrationsbericht von Ende 1998 spricht von "kaum verkraftbaren" Konsequenzen für unsere Landwirtschaft. Im definitiven Bericht 1999 wird ein EU-Beitritt jedoch auf wundersame Weise zur "grossen Herausforderung, die erhebliche Anspassungen verlangen würde" abgeschwächt.

Tatsache bleibt, dass unsere Bauern bei einem EU-Beitritt schon bald mit weiteren Ausfällen beim Markterlös von 1,3 Mrd Franken zu rechnen hätten, weil im Rahmen der "Agenda 2000" der EU vor allem der staatlich garantierte Milchpreis drastisch gesenkt wird. Für Getreide erhielten unsere Bauern höchstens noch 15 Franken/100kg, für Milch 41 Rp/kg und für Muni-Fleisch noch knapp 3 Franken/kg Schlachtgewicht. Die Finanzhilfen und Abgeltungen des Bundes für "Landwirtschaft und Ernährung" würden von 4 Mrd Franken auf 2,9 Mrd. Franken reduziert, und die Direktzahlungen würden um rund 200 Mio Franken reduziert. Fazit: Die Bauern und die vor- und nachgelagerten Betriebe hätten zu wenig zum Leben, und bald auch nicht mehr zuviel zum Sterben!

Diese Zahlen aus dem bundesrätlichen Integrationsbericht (!) beziehen sich auf das Jahr 2007 und gehen erst noch davon aus, dass die Weltmarktpreise, unter anderem aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und wegen des Rückgangs der Export-Subventionen gemäss WTO, "etwas ansteigen" werden und dass für die Schweizer Qualitätsprodukte zusätzlich 10 % mehr gelöst wird.

Mit der Osterweiterung werden zudem weitere riesige Landwirtschaftsflächen mit guten Produktionsbedingungen zur EU stossen, den EU-Raum mit Billigprodukten überschwemmen und zusätzliche Preiseinbrüche verursachen. Zudem wäre es in der EU mit unserer Selbstbestimmung in der Agrarpolitik vorbei, denn die Bestimmungen der "Gemeinsamen (gleichgeschalteten) Agrarpolitik" (GAP) brechen schweizerisches Recht.

Dazu kommt, dass jeder Schweizer Bauer und jeder Schweizer Konsument auch noch Schweizer Staatsbürger ist. Die schweren Nachteile und Belastungen eines EU-Beitritts für unser Land (horrende Kosten; gewaltige Zunahme der gesamten Steuer-, Abgaben- und Schuldenlast; durch den Zinsanstieg wesentlich höhere Schuldzinsen und teureres Investitionskapital; Abbau von Volks- und Freiheitsrechten) würden mit ruinösen Folgen auf die Landwirtschaft "durchschlagen" und auch deren Umfeld drastisch verschlechtern.

Fazit: Ein Beitritt zur EU wäre für die meisten Schweizer Bauernfamilien ruinös. Rund die Hälfte unserer Betriebe würde zur Aufgabe gezwungen. Wir brauchen weiterhin eine massgeschneiderte, existenzfähige und leistungsfähige schweizerische Landwirtschaft, die auch etwas kosten darf und nicht von Brüssel diktiert wird.

"Dass die EU die Mittel auf die schwächeren Gebiete konzentriert, akzeptiere ich. Dass Bayern weniger Mittel aus dem EU-Strukturfonds erhalten wird, akzeptiere ich auch. Was ich aber nicht akzeptiere, ist, dass uns die EU sogar verbietet, eigene (bayerische) Mittel einzusetzen. Ich kann doch nicht als Ministerpräsident meinen Leuten sagen: Ich kann euch keine Investitionsmittel geben, denn verglichen mit der Extremadura in Spanien geht's euch noch gut." (Dr. Edmund Stoiber, bayerischer Ministerpräsident)



Hans Fehr, Geschäftsführer AUNS, Eglisau


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