Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Die Putin-Versteher

Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant

Kurzartikel 26.12.2021

Der Artikel „Europa droht ein grosser Krieg“ (TA-Medien, 24.12.2021) beleuchtet sowohl die Situation des Westens als auch jene Russlands im gefährlichen Konflikt um die Ukraine treffend. Und er hebt sich wohltuend ab von den vielen „Putin-Verstehern“, die ihre eigene Logik haben: Alles, was Putin tut, ist für sie rechtens oder zumindest verständlich. Selbst wenn Putin auf dem WC ist, verbreitet er für seine Versteher Wohlgerüche.

Um „Argumente“ sind die Putin-Versteher nicht verlegen. In der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim sehen sie einen historischen Rechtsanspruch. Dass russische Truppen seit Jahren in der Ostukraine kämpfen – was kürzlich durch ein russisches Gericht im Zusammenhang mit einem Korruptionsurteil gegen einen russischen Offizier (unabsichtlich) bestätigt wurde – wird von höchster russischer Stelle einfach abgestritten. Drohgebärden gegenüber der Ukraine werden als böswillige westliche Propaganda abgetan. Und dass – via Satellitenaufklärung bewiesen – über 100’000 russische Soldaten mit schwerem Material im Grenzraum zur Ukraine stationiert sind, wird von Putin-Verstehern als Antwort auf „Aggressionen“ durch die Nato und die Ukraine gerechtfertigt. Schuld ist stets der Westen, der die Befürchtungen Putins und die Seele Russlands „nicht versteht“.

Selbstverständlich muss der Westen auf russische Befindlichkeiten Rücksicht nehmen und Verhandlungslösungen anstreben. Aber Putin muss endlich die „rote Linie“ aufgezeigt werden nach dem Grundsatz „bis hier und nicht weiter“. Dass dies nur die Nato bzw. die USA – nicht aber die schwache EU – glaubhaft tun kann, liegt auf der Hand. Und ob sich ein ehemaliger Sowjetstaat dem Westen bzw. der Nato zuwenden will, kann nicht Putin sondern allein die Bevölkerung des betreffenden Landes entscheiden. Vielleicht wäre eine Ukraine mit bewaffneter Neutralität – analog zur Schweiz – ein tauglicher Weg. Dafür müsste sich Russland aber definitiv aus der Ukraine zurückziehen.

Hans Fehr, Eglisau