Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau
Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015
Von Hans Fehr, Nationalrat von 1995-2015, in dieser Eigenschaft Mitglied der Staatspolitischen sowie der Sicherheitspolitischen Kommission, Oberstleutnant
Teil 35 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver PolitikWeil die Verlierer der EWR-Abstimmung vom 6.12.1992 nach Jahren immer noch die "Nachteile" der angeblich "isolierten Schweiz" beklagen, die nun auch wirtschaftlich zu leiden habe, veröffentlichen wir im Februar 1996 einen Katalog von wirtschaftlichen Erfolgsmeldungen, die das Gegenteil beweisen. Daraus ein paar Beispiele: "
Am 27. Februar 1996 wird Christoph Blocher, seit 1977 Parteipräsident der Zürcher SVP,
für weitere vier Jahre mit Akklamation bestätigt. Er habe sich überlegt, ob es nicht
an der Zeit sei, zurückzutreten, meint er vor den 362 Delegierten in Winterthur.
Er sei verschiedentlich gefragt worden, ob er es denn nötig habe, weiterhin
Parteipräsident zu sein. "Ich nicht, aber die Partei", habe er erwidert.
Und mit Blick auf die FDP fügt er hinzu: "Es ist doch nichts, wenn man das
Präsidentenamt nur als ‚Durchlauferhitzer' ausübt und wieder geht, wenn man
Nationalrat geworden ist."
Dann warnt der wiedergewählte Parteipräsident eindringlich davor,
sich nun im Erfolg des Wahljahres 1995 zu sonnen. Als liberal-konservative
Partei habe die SVP einen wichtigen Auftrag zu erfüllen: Eintreten für die
Unabhängigkeit der Schweiz, für die Volksrechte, für die Landesverteidigung,
für die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft, für die Landwirtschaft und für
sichere Sozialwerke. Und er warnte vor dem süssen Gift des Sozialismus, dessen
Verlockung auch in viele bürgerliche Köpfe eingedrungen sei. Und bezüglich Brüssel
warnt er: " Man kann kein Volk in die EU bringen, ausser wenn man es anlügt."
Am 4. März 1996 trete ich aus dem Zürcher Kantonsrat zurück und gebe dabei im Rat
als letzte "Tat" die folgende Erklärung ab:
"Sehr geehrter Herr Kantonsratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren
Ich teile Ihnen mit, dass ich nach meiner Wahl in den Nationalrat per 4. März 1996
aus dem Kantonsrat zurücktrete. Ich habe die vielen Kontakte mit Ratskolleginnen
und Ratskollegen aus allen politischen Lagern sehr geschätzt. Aus meiner politischen
Haltung habe ich nie ein Hehl gemacht, und ich werde dies auch weiterhin so halten.
Gefreut und gepackt haben mich jene Debatten und Vorlagen, bei denen offen,
erfrischend und bisweilen leidenschaftlich um Positionen gekämpft und gestritten
wurde. Gelangweilt und genervt haben mich langatmige "Vorlesungen", bei denen
beharrlich wiederholt wurde, was niemand hören wollte.
Ich danke dem Ratspräsidenten und den Vizepräsidenten, dem Herrn Standesweibel,
den Parlamentsdiensten und allen Kolleginnen und Kollegen, die mein Ratsleben
bewusst oder unbewusst abwechslungsreich gestaltet haben. Ich melde mich hiermit
aus dem Rathaus zu Zürich ab."
Als mein Nachfolger im Kantonsrat rückt der Jurist und Anwalt Rudolf Ackeret, Bassersdorf, nach. Er hat dies mehr als verdient und der Partei während vieler Jahre vor allem als äusserst initiativer und kompetenter Präsident der Programmkommission grosse Dienste geleistet.
Schon bald macht mein ebenfalls neu gewählter Nationalratskollege Ulrich Schlüer
vor allen im Bereich der Schweizer Aussenpolitik von sich reden - zunächst als
scharfer Kritiker an der Aufnahme von Russland in den Europarat. Ein Jahr zuvor,
im Januar 1995, war dies noch verweigert worden. Denn der Europarat hatte zu Recht
befunden, die schweren Menschenrechtsverletzungen, die Russland im
Tschetschenienkrieg zu verantworten habe, seien mit den von Strassburg
hochgehaltenen Menschenrechts-Standards nicht vereinbar. Und nun hat der Europarat
eine Kehrtwende vollzogen - obwohl die russische Armee weiterhin Dörfer in
Tschetschenien plattwalzt und Menschenrechte mit Füssen tritt. Schlüer enthüllt die
Gründe für den "Sinneswandel" in aller Deutlichkeit: "Sämtliche EU-Länder haben in
einer konzertierten Aktion massiven Druck auf ihre Europarats-Abgeordneten ausgeübt
mit dem Ziel, die Aufnahme Russlands um jeden Preis durchzusetzen." Federführend
dabei sei Deutschland gewesen, das nach fünf Jahren Wiedervereinigung unbedingt
einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat anstrebe und mit der "Strassburger Aktion"
ein mögliches Veto durch Russland habe verhindern wollen. "Somit ist die
Glaubwürdigkeit der Menschenrechtspolitik des Europarates einer eigennützigen
Interessenpolitik Deutschlands und der EU geopfert worden", kritisiert Schlüer.
Und was er zu Recht besonders scharf verurteilt, ist die Tatsache, dass
Bundesrat Cotti als Vertreter der neutralen Schweiz dieses üble Spiel kritiklos
mitgespielt habe - und dass es ausgerechnet ein Schweizer sei, nämlich der Thurgauer
FDP-Nationalrat und "Schattenaussenminister" Ernst Mühlemann, der Russland mit
gewundenen Worten die Würdigkeit für den Europarat "attestiert" habe. "Und dies
ausgerechnet in dem Moment, als Russland den Vernichtungsfeldzug gegen
Tschetschenien noch intensiviert hat. Die Schweiz hat damit ihrer immer wieder
betonten Menschenrechtspolitik einen denkbar schlechten Dienst erwiesen",
kritisiert Schlüer zu Recht. Er wird fortan seine Stimme in aussenpolitischen
(und innenpolitischen) Frage immer wieder mit Gewicht erheben.
(Fortsetzung folgt)