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Freier Personenverkehr: Liechtenstein unter starkem Druck
Liechtenstein - ein Lehrstück für die Schweiz!
Artikel vom 9. April 1998

Am 13. Dezember 1992, eine Woche nachdem in der Schweiz Volk und Stände den EWR-Beitritt abgelehnt hatten, stimmten die Liechtensteiner dem EWR zu. Nach anfänglichen "wirtschaftlichen Vorteilen" (die allerdings nicht konkret dargelegt wurden) wird nun Liechtenstein von der EU-Realität eingeholt, insbesondere wegen des freien Personenverkehrs.

Der EWR-Rat hatte Liechtenstein wegen dessen Kleinheit und wegen des hohen Ausländeranteils von 35 Prozent (Schweiz insgesamt 25 Prozent)  erlaubt, gewisse Schutzmassnahmnen zu ergreifen. Inzwischen kommt aber Druck aus Brüssel, dass Liechtenstein mit der Liberalisierung vorwärts machen müsse. Unter diesem Druck hat Vaduz per Anfang 1998 die Bewilligungspflicht für EWR-Grenzgänger aufgehoben, und Saisonniers können
nun Stelle und Beruf wechseln.

Die Folgen zeigen sich rasch: Im 1. Quartal 1998 haben mehrere hundert neue Grenzgänger aus dem EWR-Raum, vor allem aus Österreich und Deutschland, in Liechtenstein eine Arbeit aufgenommen. Immer mehr EU- Bürger wollen am noch) attraktiven Arbeitsmarkt und am Wohlstand in Liechtenstein teilhaben. Viele Industriearbeiter haben Angst vor Lohndumping, also vor tieferen Löhnen infolge des starken Zuwanderungs drucks. Aber
auch ausländische Ärzte und Zahnärzte drängen ins reiche und attraktive Liechtenstein; etliche haben in den letzten Monaten eine Praxis eröffnet.

Den internationalen Druck bekommt auch das einheimische Gewerbe zu spüren. Als die Liechtensteiner Regierung kürzlich einen Architekturwettbewerb für die Renovation und Erweiterung des Landesmuseum Vaduz vorschriftsgemäss im EU-Amtsblatt ausschrieb, meldeten sich 12 liechtensteinische und 192 ausländische Architekten; 26 Ausländer und 3 Einheimische wurden schliesslich zum Wettbewerb zugelassen. Das ist nur ein Beispiel. In Gewerbekreisen ist man besorgt.

Es ist keine Frage, dass sich die Probleme für die viersprachige Schweiz mit ihren hohen Löhnen, den guten Sozialleistungen und der vergleichsweise tiefen Arbeitslosigkeit bei freiem Personenverkehr noch schärfer stellen würden.

Die heimatmüden Euroapostel in der Schweiz müssen am Beispiel Liechtenstein endlich die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Die wohltönenden Phrasen von "Öffnung", von "Aufbruch nach Europa", und von "Mitgestaltung in der EU", wie sie neuerdings auch die CVP geradezu selbstmörderisch verkünden, haben mit der Wirklichkeit nichs zu tun. Die Kleinen kommen in der Grosskonstruktion der EU unweigerlich unter die Räder.

von Nationalrat Hans Fehr, Geschäftsführer AUNS, Eglisau


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