Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 14 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Im Zusammenhang mit der (bereits in der SZ Nr. 9 erwähnten) skandalösen Uno-Propaganda durch die Bundesverwaltung stelle ich dem Bundesrat im Frühjahr 2000 die folgende Frage: „Ist der Bundesrat auch der Meinung, dass ein derartiges Demokratieverständnis – in einer Verwaltung, die sich politisch neutral zu verhalten hat – untragbar ist? Was unternimmt der Bundesrat in diesem Fall und was er, um solche krasse Fehleistungen in Zukunft zu verhindern?

Ich erwähne dabei die Tatsache, dass Emanuel Jenni, Chefbeamter im Eidg. Departement für Auswärtiges, hunderte von Bundesangestellten über das verwaltungsinterne E-Mail dazu aufgerufen hat, die Uno-Beitrittsinitiative zu unterschreiben und auch die „Lieben zu Hause sowie Freunde und Bekannte an der Aktion teilnehmen zu lassen“ und ihm die Unterschriften zuzustellen.

„Aussenminister“ Joseph Deiss antwortet, der betreffende Beamte habe „aus Überzeugung und persönlichem Engagement“ gehandelt. Er habe die Unterschriftenschriftensammlung „als Privatperson in Ausübung seiner bürgerlichen Rechte und ausserhalb der Bürostunden“ (Wer’s glaubt, ist selig) vorbereitet. Dass ein Beamter sich derart persönlich für ein Legislaturziel des Bundesrates einsetze, sei sogar „lobenswert“.

Mit einer Zusatzfrage bringe ich die Sache auf den Punkt: „Ist es verwunderlich, wenn Beamte verwaltungsintern Uno-Propaganda betreiben, nachdem Sie, Herr Bundesrat, selbst an öffentlichen Versammlungen eindringlich zur Unterschriftensammlung aufgerufen haben und unsere Nicht-Mitgliedschaft als ‚verschrobenes Exotentum gegenüber 99,9 % der Weltbevölkerung‘ und als ‚chronische Anomalie‘ gegeisselt haben?“ Erwartungsgemäss schwafelt Deiss darauf in seiner Nicht-Antwort irgendetwas Unverbindliches um den heissen Brei herum.

Nach dieser Kritik hält sich der Bundesrat immerhin etwas zurück – um dann im Hinblick auf die Schengen-Abstimmung vom 5. Juni 2005 mit einem noch viel massiveren „Schengen/Dublin-Informationskonzept“ unter Leitung des Integrationsbüros – finanziert mit Steuergeldern – alles Bisherige an Staatspropaganda in den Schatten zu stellen. Davon aber später.

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Weil ich einigermassen Italienisch kann, habe ich im Frühjahr 2000 an einem Wochenende die Gelegenheit, im Rahmen einer kulturellen Organisation, welche intensive Beziehungen zwischen der Schweiz und der Toscana pflegt, in Florenz einen Vortrag zu halten. Thema: „Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.“ Mein Kontrahend ist der Tessiner Ständerat Renzo Respini (bis 1999 im Amt). Anwesend sind rund 200 Auslandschweizer, Diplomaten, italienische Politiker und Generäle. Meine Kernaussage zum Thema Schweiz-EU lautet: „Cooperazione si, integrazione no!“ Und mit Überraschung stelle ich fest: Die vielen anwesenden Italienerinnen und Italiener, vor allem Toscanesi, sind grossmehrheitlich der Meinung, die Schweiz müsse unbedingt unabhängig bleiben, ihre Neutralität hochhalten und keinesfalls Soldaten ins Ausland schicken. “Schicken Sie nicht auch noch Soldaten, davon gibt es mehr als genug. Exportieren Sie das Wesen Ihrer einzigartigen Neutralität. Das bringt Ihnen und der Welt mehr!“

Auch das italienische Fernsehen hat uns eingeladen. Gleich zu Beginn machen die Moderatorin und eine Korrespondentin des „Corriere della Sera“ klar, dass die Schweiz ihrer Meinung nach frei bleiben und ihre Besonderheiten wahren müsse – andernfalls habe sie nur zu verlieren. Offenbar haben die Italiener die einzigartige politische Struktur unseres Landes besser begriffen als unsere sogenannte Elite.

Anderntags besuchen wir Sehenswürdigkeiten in Florenz, u.a. die berühmten Uffizien. Dabei stellt mir der Militärkommandant von Mittelitalien, ein Dreisterne-General, seine Frau mit den Worten vor: „Ecco il generale del generale!“ Typisch sympathisch-italienisch eben.

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Zu meinen gefreuten Erfahrungen in Italien passt die Kernaussage von Christoph Blocher, die er zuvor an der Albisgüetli-Tagung 2000 vor rund 1350 Besucherinnen und Besuchern gemacht hat, haargenau. Sie lautet nämlich: „Die Stärken eines Landes bestehen in seiner Besonderheit. Der Sonderfall Schweiz beruht auf den Säulen Volkssouveränität und direkte Demokratie – und damit auf der Einflussnahme durch das Volk, was zur Machtbeschränkung führt. Zudem beruht der Sonderfall Schweiz auf dem Föderalismus mit seinem Wettbewerb von Kantonen und Gemeinden sowie auf der immerwährenden bewaffneten Neutralität, welche Grossmachtgelüste der „classe politique“ verhindert, was zur Sicherheit des Landes führt. Ebenso beruht der Sonderfall auf der Weltoffenheit, auf der Basis der Achtung und Freundschaft mit allen Staaten der Welt – und auf dem Widerstand gegen die Einbindung in internationale Grossmachtgebilde.“

Zeitlose Worte, die auch heute, morgen und übermorgen ihre Gültigkeit haben – aber sie müssen gelebt und verteidigt werden.

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Weil die Auns und die SVP konsequent für eine souveräne, neutrale Schweiz kämpfen, nehmen uns die „Grottegyggser“ an der Basler Fasnacht 2000 (im Hinblick auf 2003) mit der folgenden Schnitzelbank auf Korn:

Mer gsehn ins Johr zweidausigdrey.
S ischt Blocht und gEbnet, gMuurt und Frey.
S isch gSchlüert und gFehrt und Bortolzzt
und alles andren usebutzt.
E riisegroossi Brätterwand
goot rings ums ganze Heidiland.
Wenn d Sunne dief am Himmel stoot,
isch s Heidiland im Ooberoot.

Dr Martin loot sy Alphorn glinge,
dr Christoph gheersch dr Bättruef singe.
Die Ryche wärde immer rycher,
die Arme blyben als wie glycher.
Kai Mentsch meh schwätzt do Italiäänisch,
nit Dirrgisch, Hochdytsch oder Dänisch,
und au s Rumantsch isch unterbunde,
wie alles fremde Zyyg verschwunde;
ewägg isch au dää wältschi Kytsch,
denn d Ainhaitssprooch isch Züridytsch.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr