Hans Fehr, Salomon Landolt-Weg 34, 8193 Eglisau



Hans Fehr | Nationalrat von 1995-2015



Damals in der Auns

Von Hans Fehr, a. Nationalrat und Geschäftsführer der Auns, Eglisau ZH

Teil 39 meiner Erlebnisse aus 35 Jahren aktiver Politik

Der EU-devote Bundesrat sorgt auch im Herbst 2009 dafür, dass der Auns die Arbeit nie ausgeht. Anfang Oktober 2009 sendet er seinen 240-seitigen „Aussenpolitischen Bericht 2009“ ans Parlament. Es ist – wie zu erwarten – ein Propagandabericht für den EU-Beitritt. Der Bundesrat will den EU-Beitritt als Ziel der Aussenpolitik festschreiben, damit er seine Anpassungspolitik ungehindert vorantreiben kann. Für die Auns ein absolutes No go.

Der Bundesrat jammert im Bericht scheinheilig über den „automatischen Nachvollzug“. Es sei „keineswegs gesichert“, dass der bilaterale Weg fortgeführt werden könne. Denn die Schweiz müsse in den laufenden bilateralen Verhandlungen nicht nur den vertraglich festgelegten Rechtsbestand übernehmen, sondern auch die künftigen Änderungen von EU-Recht akzeptieren. Dies erstaunt, denn der Bundesrat hat seinerzeit (beispielsweise im Fall Schengen und  beim Zinsbesteuerungsabkommen) behauptet, die Schweiz bleibe souverän und das Bankkundengeheimnis bleibe vollumfänglich gewahrt.

Der gleiche Bundesrat verwendet jetzt den Souveränitätsverlust als „Argument“ für den EU-Beitritt. Er verabschiedet sich im Bericht wie folgt vom bilateralen Weg: „Bis heute hat der bilaterale Weg der Schweiz erlaubt, ihre gesetzten Ziel weitgehend zu erreichen. Die Europafrage wird aber in Zukunft brisanter denn je. Umso wichtiger ist die Befassung mit der Frage, ob die Schweiz ihre Interessen letztlich in oder ausserhalb der EU besser wahrnehmen kann.“

Der Aussenpolitische Bericht 2009 läutet zudem die Preisgabe unserer Neutralität ein. Schon damals drängt der Bundesrat nach einer Mitgliedschaft im Uno-Sicherheitsrat, wo wir letztlich über Krieg und Frieden mitentscheiden müssten. (Heute stehen wir bekanntlich direkt auf der Schwelle zu diesem fatalen Irrweg).

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Rückblende: Brüssel, Frühjahr 2004. Bundesrat Hans-Rudolf Merz, den wir als Schengen-Gegner in die Landesregierung gewählt haben, „fällt um“: Bei einem Mittagessen mit EU-Kommissionspräsident Barroso mutiert er auf wundersame Weise zum Schengen-Befürworter. Dies, obwohl „Schengen“ Kriminelle geradezu einlädt. Denn das Schengen-Evangelium besagt: „Die Binnengrenzen dürfen an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden.

Szenenwechsel: Berlin, 22. Juni 2009. Abendessen der Finanzminister Steinbrück und Merz. Das Kriegsbeil ist begraben. Von der „Kavallerie, die man früher dorthin geschickt hätte“ (um die schweizerische Steuerpolitik in den Griff zu bekommen) keine Rede mehr. „Wir sind Freunde geworden“, verkündet ein aufgeräumter Merz. Einmal mehr hat er sich über den Tisch ziehen lassen. Er verlangt für die Aushöhlung des Bankkundengeheimnisses nicht einmal eine Gegenleistung – beispielsweise ein besseres Anflugregime für den Flughafen Kloten. Aber das ist erst der Anfang. Denn das Ziel unserer ausländischen „Freunde“ ist klar: Automatischer Austausch von Bankkundendaten, europaweite Steuerharmonisierung. Der Bundesrat kapituliert. Der Sonderfall Schweiz liegt im Sterben, weil die Schwäche regiert.

Hans-Rudolf Merz hat noch am 19. März 2008 in einer Diskussion beteuert: „Jenen, die das Schweizerische Bankkundengeheimnis angreifen, kann ich nur sagen: An diesem Bankkundengeheimnis werdet ihr euch die Zähne ausbeissen!“ Und Mitte 2009, als Bundespräsident, reist Merz im Alleingang nach Libyen, um die beiden Schweizer Geiseln, die Präsident Gaddafi willkürlich hat verhaften lassen, frei zu bekommen und sie gleich nach Hause mitzunehmen. Dieser gutgemeinte Husarenritt geht in die Hosen: Denn Merz muss lediglich mit den Koffern der Geiseln zurückreisen. In jener Zeit wird gerade wieder einmal gefordert, der Bundesspräsident müsse unbedingt zwei Jahre im Amt bleiben, nur so könne er längerfristig „netzwerken“ und etwas bewirken. Auf die Frage eines Fernsehjournalisten, ob das bei Merz nicht besonders sinnvoll wäre, erwidere ich als Auns-Geschäftsführer: „Nein, das wäre bei Herr Merz nicht zweckmässig – dann würde er womöglich zweimal nach Libyen reisen und zweimal mit den blossen Koffern nach Hause zurückkommen.“

Prompt kommen in jener Zeit die EU-Beitrittsapostel wieder mit der Mär, wir müssten uns – gerade in der damaligen Wirtschafts- und Finanzkrise – in den schützenden Schoss der EU begeben. 101 Nationalräte unterzeichnen einen entsprechenden FDP-Vorstoss. Ein blanker Unsinn. Statt wie die USA und die EU Milliarden für fragwürdige Konjunkturprogramme zu verschleudern und höhere Mehrwertsteuern zu verlangen, müssen die Politiker (auch heute) für weniger Staatsausgaben und für Steuersenkungen kämpfen. Ebenso muss der Bau eines Kernkraftwerks der neuesten Generation forciert werden, statt die CO2-Steuern zu er höhen und eine absurde „Energiewende“ voranzutreiben. Das galt damals – und es gilt heute.

(Fortsetzung folgt)



Hans Fehr